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Die Ereignisse in Hadersdorf am Kamp am 6. und 7. April 1945

Ein Jahr später: Exhumierung der Ermordeten

Zwei Jahre später: Der Prozess gegen einige Verantwortliche

Liste der 61 Opfer und deren Kurzbiografie

Augenzeugen berichten

Erinnern & Vergessen seit 1945

Gedenken 2013

Lieder erinnern an SS-Massaker von Hadersdorf

Jugendliche forschen über NS-Zeit

   

Über den Umgang mit Geschichte und Wahrheit

03/1998 Hadersdorf-Kammerner Markt-Kurier   

Von Mag. Andreas Kompek

Kürzlich wurde ja ein Heimatbuch über die Marktgemeinde Hadersdorf präsentiert und in der NÖN, vom 14.9. wurde darüber auch berichtet.

Man kann dem Hobbyhistoriker Doktor Pammer das redliche Bemühen, die Historie der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern nachzuzeichnen und zu dokumentieren, keinesfalls absprechen. Er hat sicherlich sehr viel Zeit und Energie in seine Recherchen investiert. Es hat ja im Vorfeld der Buchpräsentation doch einigen Wirbel in Hadersdorf gegeben, als es darum ging, das Buch mit Gemeindemitteln zu verlegen. Wirbel deshalb, weil man anfänglich dessen Publizierung unreflektiert und ungelesen über die Bühne bringen wollte. Es wurde dann aber doch einigen kritischen Geistern gestattet, das Rohwerk zu begutachten, denn immerhin sollte die Gemeinde ja als Sponsor auftreten. Die Leser der Kopiervorlagen (von SPÖ und ÖVP) zu besagtem Buch kamen zur Auffassung, daß man diesem Werk in der bestehenden Form nicht zustimmen könne, da es doch einige Mängel aufweist. Was allerdings besonders an dieser „Doktorarbeit“ auszusetzen ist, ist die Tatsache, daß es keine wirklich kritische Auseinandersetzung
mit der heiklen NS-Zeit gibt. Auf Seite 192 heißt es zum Beispiel:

”1942 werden die Hausbewohner (Anmerkung: jüdische Bewohner) nach Wien gebracht und dort noch Über den Umgang mit Geschichte und Wahrheit mehrmals von ihren Mietern besucht. Ende 1942 ist der letzte Kontakt, die Hausleute werden nach Polen geschickt und seither gibt es keine Nachricht mehr.“ (Interview Seite 192)

Die Termini ”gebracht” und ”geschickt” sind im verwendeten Zusammenhang Verharmlosungen, wenn man heute weiß, wohin man Juden und andere Nicht-Arier ”gebracht” und ”geschickt” hat. Der feigen Tötungsmaschinerie der Nazis in den KZs sind nur wenige entkommen! Dies müßte auch der
Autor wissen!

Man muß leider feststellen, daß dieses Werk alles andere als eine Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades ist. Ich arbeite selbst an einer Dissertation aus dem Bereich Sozialgeschichte, habe das Werk von Herrn Pammer gelesen und erlaube mir deshalb dieses Urteil. Bei jüngeren Dissertanten werden jedenfalls strengere wissenschaftliche Maßstäbe angelegt, aber ungeachtet dessen ......

...... ist die bestehende Form dieses Buches vor allem deshalb abzulehnen, weil es historisch heikle Fakten teilweise verharmlost und unreflektiert wiedergibt. Labile und historisch Ungebildete können so ein tendenziöses und verzerrtes Bild der Wirklichkeit erlangen, was nicht im Sinne einer wissenschaftlichen Arbeit sein kann und darf. Es ist schade, daß sich der Autor gegen gutgemeinte Mithilfen verwehrt, denn mit entsprechenden
Veränderungen und Ergänzungen hätte durchaus ein passables, leichter lesbares, und vor allem ein historisch objektives ”Heimatbuch“ entstehen können!

Man kann aus der Geschichte nur dann lernen, wenn man sich mit ihr offen und unvoreingenommen beschäftigt und nicht, indem man Teile davon verdrängt und jene an den Pranger stellt, die den Mut zur Kritik haben (wie es in Hadersdorf ja auch bereits im Zusammenhang mit der Gedenktafel-
Aktion an die im April 1945 Ermordeten im Vorjahr passierte!)
. Mir ist völlig klar, daß man sich mit dem kritischen Aufzeigen von historischen Ungerechtigkeiten und Verbrechen bei gewissen Teilen der Bevölkerung - noch immer - nicht besonders beliebt macht, aber man kann und darf zu
diesen dunklen Kapiteln unserer Geschichte einfach nicht schweigen, auch wenn man teilweise davon nichts mehr hören will!

AUSSERDEM: Am 7. April 1945 sind nicht 50, sondern 61 politische Häftlinge in Hadersdorf von NS-Schergen feige ermordert worden, und dies steht sehr wohl in einem engen Zusammenhang mit der Ortsgeschichte, und diese Fakten sind sehr wohl bekannt. Wenn der Autor mit seinem Werk einen wissenschaftlichen Anspruch erhebt (eine Dissertation erhebt jedenfalls einen solchen!), dann hat er auch die Pflicht als Wissenschaftler gewissenhaft und objektiv zu recherchieren.

WANN BEGREIFT MAN ENDLICH FOLGENDES: Man kann nicht einfach über Kritiker „drüberfahren“, wie man so schön sagt, dies sollte man endlich zur Kenntnis nehmen. Man muß sich seiner Geschichte stellen und darf nicht den fatalen Fehler begehen, ein begangenes Unrecht mit einem anderen
aufzurechnen, so wie es z.B. Jörg Haider vor kurzem tat, als er den Holocaust an den Juden mit dem Schicksal der Sudetendeutschen gleichsetzte. Der bekannte Historiker Stefan Karner warnt zu Recht vor dieser „Haider-Falle“ der Gleichsetzung. Man muß, wie er sagt „alle Schatten der Vergangenheit“
klären und aufarbeiten. (KURIER, 23.9.1998). Es müssen alle Opfergruppen der unseligen NS-Zeit diskutiert werden können, ohne daß man reflexartig mauert oder zu Grabenkämpfen übergeht.

Die Menschheit ist bis dato noch immer von ihrer - unbewältigten - Geschichte eingeholt und auch überholt worden! Vielleicht lernt die Menschheit aber doch noch etwas aus der Geschichte, man sollte die Hoffnung jedenfalls nicht aufgeben. Dazu ist vor allem auch ein kritisches und hellhöriges Potential mündiger StaatsbürgerInnen notwendig, die auf die vordergründigen Verlockungen populistischer Demagogen nicht hereinfallen und die sich auch nicht mundtot machen lassen, auch wenn dies nicht allen ins Konzept passt!

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