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Die Ereignisse in Hadersdorf am Kamp am 6. und 7. April 1945

Ein Jahr später: Exhumierung der Ermordeten

Zwei Jahre später: Der Prozess gegen einige Verantwortliche

Liste der 61 Opfer und deren Kurzbiografie

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Erinnern & Vergessen seit 1945

Gedenken 2013

Lieder erinnern an SS-Massaker von Hadersdorf

Jugendliche forschen über NS-Zeit

   

Dummheit als ewige Passion

13/04/2006 Kurier   

Alfred Payrleitner macht sich Gedanken zum Gründonnerstag

Der Gründonnerstag, Tag des letzten Abendmahls Christi, ist ein guter Anlass, nicht nur die aktuellen Mega-Skandale der Innenpolitik zu betrachten, sondern auch eine verpasste Chance zur alltäglichen, ganz selbstverständlichen Vergangenheitsbewältigung zu bedauern.

Da sollte in Hadersdorf am Kamp der dort stattgefundenen Ermordung von 61 politischen Häftlingen am 7. April 1945 gedacht werden. Sie waren vom Gefängnis in Stein bereits ordnungsgemäß entlassen worden und wanderten heimwärts, wo immer das gewesen sein mochte. SS-Einheiten, lokalen NS-Funktionären und Volkssturmleuten erschien das unzumutbar. Alle 61 wurden umgebracht.

Das ist aus heutiger Sicht so ungeheuerlich, dass die Erinnerung wie ein Steinbrocken im Gemüt mancher Ortsbewohner lastet. Dass man eben deshalb daran erinnern sollte, ist den meisten durchaus bewusst.

Aber wie und von wem erinnert werden darf, ist Gegenstand eines ebenso dummen wie minderwertigen Konflikts. In der Kirche durfte man gedenken – doch an der Friedhofsmauer oder gar durch das Aufschreiben der Opfernamen mittels Kreide auf der Straße, über die die Palmprozession führt, nicht. Als ob diese Namensnennung die Passion Jesu beeinträchtigen könnte.

In Wahrheit ist es und wäre es eine großartige Chance gewesen, Christentum einmal zu verdeutlichen und ernst zu nehmen. Klarer könnte man den Begriff „Leidensweg“ nicht ausdrücken. Doch lokale Eitelkeiten („wieso darf denn ein privater Verein so etwas, ohne behördliche Genehmigung?“) verhinderten eine gemeinsame Veranstaltung. Wie provinziell-borniert es im Detail zugegangen ist, will man eigentlich gar nicht wissen.

Der läppische Vorfall ist charakteristisch: Dafür, wie viele Menschen, besonders kleine Funktionäre, noch immer intellektuell und gefühlsmäßig überfordert sind, wenn es um die damaligen Ereignisse (und nicht nur diese) geht.

Er zeigt auf, wie wenig sie von Religions- und Ideengeschichte und deren Problematik wissen. Von den Unterschieden zwischen Verbots- und Gebotspropheten. Von den historisch erklärbaren, aber heute dennoch grotesken Irrtümern des Apostels Paulus über die Stellung der Frau. Von der Auslieferung an totalitäre Systeme, weil Obrigkeiten angeblich ja von Gott eingesetzt worden seien.

Das alles ist, zugegeben, eine komplizierte Materie. Aber man kann sich das anlesen, wenn man schon keine geistliche Hilfe bekommen hat. Seit vielen Jahrzehnten wird es diskutiert, revidiert und neu interpretiert. Völlig ahnungs- und pietätlos dürfte aber keiner sein, der heute ein öffentliches Amt bekleidet.

Indes die einen, längst ermüdet vom ewig gleichen Diskurs, schon wieder innerlich abschalten, haben die anderen noch nicht einmal die historische Taferlklasse absolviert. Ein Grund, weshalb Dummheiten weiter passieren werden. Auch eine Form der Passion.

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