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Die Ereignisse in Hadersdorf am Kamp am 6. und 7. April 1945

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Die Auslöschung von Hadersdorf

11/04/2006 Der Standard   

Heute noch wird Gedenken an die Ofer der Nazis aktiv verhindert - Kolumne von Hans Rauscher

Heuer entfällt die gemeinsame Sitzung von Nationalrat und Bundesrat plus Regierung und wichtigen Figuren des öffentlichen Lebens zum Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen am 5. Mai 1945.

Zu viele Veranstaltungen während der EU- Präsidentschaft, ist die von allen Parteien getragene Begründung. Vielleicht als Ausgleich hat nun Bundespräsident Heinz Fischer, zuerst in einer Rede und am Montag in einem ausführlichen STANDARD- Interview die österreichische Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945 als, sinngemäß, verlogen und als Begründung der österreichischen "Opfertheorie" gekennzeichnet (den Begriff "Lebenslüge" verwendete er dabei nicht).

Das hätte man – er – auch schon zum vorigen Gedenkjahr sagen können. Aber immerhin. Die "Proklamation über die Selbstständigkeit Österreichs" ist ein bemerkenswertes Dokument, weil es die Mentalität der Mehrzahl der Gründerväter der Republik zeigt. Unterschrieben ist sie von Karl Renner (als von den Russen eingesetzter "Staatskanzler") und Adolf Schärf für die SPÖ, von Leopold Kunschak für die ÖVP und von Johannes Koplenig für die KPÖ.

Der Text trägt das Kennzeichen von Renners pathetischem Stil und schlitzohriger Denkweise. Er wimmelt vor Opfervokabeln wie "abgelistet", "abgepresst", "missbraucht", "beraubt", "willenlos" und "hingeopfert", vermeidet aber jeden Hinweis auf die beträchtliche Unterstützung der Nazis, des Anschlusses und des Krieges durch viele Österreicher.

Kein Wunder, Renner hatte selbst 1938 ein öffentliches "Ja" zum Anschluss gesagt. Heinz Fischer weist auch darauf hin, dass kein Wort über die ermordeten Juden fällt. Kein Wunder, Renner, Schärf und Kunschak waren ziemliche Antisemiten.

Wahrscheinlich war es zu viel verlangt, in der damaligen Situation im Gründungsdokument des wiedererrichteten Österreich ein Schuldbekenntnis zu verlangen. Wahrscheinlich musste man damals die Fiktion des reinen Opfers aufrechterhalten. Dass sie nicht stimmte, hat jeder gewusst.

Nur wenige Tage und Wochen vorher hatten sich noch ganz gewöhnliche Bürger an Massakern an Juden und politischen Häftlingen beteiligt, u. a. im Burgenland (Rechnitz), in der Steiermark (Präbichl) und auch in Niederösterreich, bei Hainburg und in Hadersdorf am Kamp.

Dort waren am 7. April 1945 61 politische Häftlinge, die man bereits aus dem Gefängnis in Stein/Donau freigelassen hatte (!), von örtlichen Nazis an die SS verraten und erschossen worden. Dieser mörderische Fanatismus der letzten Stunde ist unbegreiflich. Fast noch unbegreiflicher ist, dass man in Hadersdorf auch heute noch ein Gedenken daran aktiv verhindert.

Eine private Gruppe hat am Dorfanger ein provisorisches Mahnmal mit den Namen der Getöteten errichtet; ihre Namen wurden auch mit Kreide auf die Straße geschrieben. Der ÖVP-Bürgermeister und NÖ-Landtagsabgeordnete Bernd Toms, ließ die Gedenksäule zerstören und die Schrift wegwischen.

Der Initiator der Gedenkaktion, Robert Streibel, spricht von einem "langen Arm einer Allianz aus sentimentalen Deutschnationalen und Angehörigen ehemaliger Mittäter, Hadersdorfer NSDAP-Führer, (der) über Jahrzehnte bis in den Gemeinderat und viele andere Organisationen reichte".

Es ist nicht überall so. Am Präbichl haben Schüler ein Mahnmal für die Opfer eines "Volkssturm"-Massakers an Juden errichtet. Aber da und dort ist es eben noch so. In Hadersdorf musste die Feuerwehrjugend das Gedenken auslöschen. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.4.2006)

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